Brücken nach Europa

ZeDES

Angehende Deutschland- und Europakenner: Die Deutschlandzentren in Asien bilden Promovierende interdisziplinär aus.

Wie die Zentren für Deutschland- und Europastudien in Japan, China und Südkorea den Diskurs über Deutschland und Europa prägen. 

Herausragende Expertise in elf Ländern: Die vom DAAD mit Mitteln des Auswärtigen Amts geförderten 20 Zentren für Deutschland- und Europastudien stellen ein einzigartiges, globales Wissensnetzwerk dar. In multilateraler Zusammenarbeit bilden sie an renommierten Hochschulen Studierende und Promovierende aus – und führen interdisziplinäre Diskussionen um Deutschland und seine Rolle in Europa. So auch in Asien, wo an der Peking-Universität, der Universität Tokio und der Chung-Ang-Universität in Seoul verschiedene Disziplinen im Austausch miteinander stehen. Ein für den DAAD strategisch wichtiges Programm, wie Stefan Bienefeld, Bereichsleiter Entwicklungszusammenarbeit und überregionale Programme beim DAAD, betont. „Die Zentren wecken das Interesse an der deutschen Sprache und Kultur und informieren, auch mit öffentlichen Veranstaltungen, über aktuelle Entwicklungen und Debatten“, sagt er. „Zudem wirken die Absolventen in ihren Heimatländern mit ihrer Expertise auf Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein.“ 

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Inhaltlich orientieren sich die Zentren an den Themen Nachkriegs- und Gegenwartsdeutschland sowie Europäische Integration – mit individuellen Schwerpunkten. „Wir lehren und forschen zu Schlüsselbegriffen der deutschen Kulturgeschichte wie dem Bürgertum, dem kulturellen Gedächtnis, der deutschen Romantik und der Reichsidee oder der Europäischen Aufklärung“, erläutert der Direktor des Zentrums für Deutschlandstudien an der Peking-Universität (ZDS), Professor Liaoyu Huang. Und das aus unterschiedlichen Perspektiven: Germanistik, Philosophie, Jura, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. „Was uns vereint, ist das starke Interesse an Deutschland“, sagt Huang. Enge Verbindungen bestehen zu Kooperationspartnern an der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin. „Unsere Studierenden besuchen ein Jahr lang in Berlin Vorlesungen und Seminare, zudem laden wir die deutschen Kollegen ans ZDS ein.“  


Die Beschäftigung mit deutscher Literatur und Kultur führt einerseits zu einem fruchtbaren Austausch mit deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Andererseits werden regionale Kooperationen gestärkt: etwa im Rahmen der ostasiatischen Zentrenkonferenz, zu der Anfang Oktober 2018 das Zentrum für Deutschland- und Europastudien (ZeDES) der Chung-Ang-Universität in Seoul eingeladen hatte. „Mit der Veranstaltung leisten wir auch einen Beitrag zum Aufbau einer ostasiatischen Friedensgemeinschaft“, sagt Gastgeber und ZeDES-Direktor Professor Nury Kim. „Ihr stehen jedoch gleich drei Hindernisse entgegen: die japanische Vergangenheit, die koreanische Gegenwart und die chinesische Zukunft.“ Der Blick auf Deutschland und Europa zeige Perspektiven: „Deutschland hat nach 1945 seine Vergangenheit aufgearbeitet, die Teilung in zwei Staaten überwunden und die Angst der europäischen Nachbarn vor einer deutschen Hegemonie erfolgreich besänftigt.“

Mit DAAD-Unterstützung zur Doktorandenkonferenz 

Im Zentrum der Konferenz stand die 68er-Bewegung und ihre Wirkung auf die Gesellschaften in Europa und Asien. Über länderspezifische Unterschiede diskutierten auch 35 Doktorandinnen und Doktoranden, die mit DAAD-Unterstützung nach Seoul reisen konnten. So wie Chaoran Huang: Die DAAD-Stipendiatin studierte an der Peking-Universität Germanistik und arbeitet seit Oktober 2017 in Berlin an ihrer Promotion. „Viele Nachwuchswissenschaftler konnten während der Konferenz Vorträge halten und ihre Forschung vorstellen“, sagt sie. „Das hat mich sehr begeistert.“ Nach Abschluss ihrer Dissertation möchte Huang an eine chinesische Universität zurückkehren und dort Studierende für die Germanistik gewinnen. „Der interkulturelle Austausch führt zu einem neuen Blick auf das eigene Land.“ 

Multilaterale, interdisziplinäre Diskussionen sind auch das Ziel einer gemeinsamen Sommerschule der drei ostasiatischen Zentren. Das Zentrum für Deutschland- und Europastudien (DESK) der Universität Tokio und die Europäische Akademie Otzenhausen organisieren die „European Fall Academy“; der DAAD unterstützt das Angebot. Als Masterstudierender des „European Studies Program“ am DESK besuchte Sachiya Mine im September 2018 die Sommerschule: „Im Zentrum standen die Beziehungen zwischen der EU und Ostasien sowie Herausforderungen der Global Governance“, erläutert er. „Die Erfahrung hat mich bestärkt, nach meinem Studium eine Karriere als Wissenschaftler einzuschlagen: Zur Geschichte Deutschlands und Europas zu forschen, das ist meine Leidenschaft.“     

Politikberatung als spannende Berufsperspektive

Ein Kerngedanke, der sich auch in der Arbeit am DESK in Tokio zeigt. „Wir sind die einzige Hochschule Japans, die einen Masterabschluss zu Europastudien anbietet“, sagt DESK-Direktor Professor Yuichi Morii. „Der Schwerpunkt liegt auf Politik und Geschichte, zudem umfasst das Studium Module der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften.“ Als älteste Einrichtung der drei ostasiatischen Zentren hat sich das DESK damit als innovativer Standort für den japanisch-europäischen Wissenschafts- und Kulturaustausch etabliert, mit engen Verbindungen zu deutschen Hochschulen. „Wir beraten zudem japanische Ministerien und Medien. Auch organisieren wir Podiumsdiskussionen und Workshops mit deutschen Gästen“, sagt Morii.

In dieser Arbeit sieht auch Moonju Kim eine spannende Perspektive. Die Südkoreanerin hat am ZeDES in Seoul gerade ihr Masterstudium „Deutschland- und Europastudien“ abgeschlossen und ist mit Unterstützung des DAAD mehrfach nach Deutschland gereist. Ob an der Sommerschule in Otzenhausen oder als Teilnehmerin der Programme „Kolleg Europa“ und „DAAD-Studienreise nach Deutschland“: „In Gesprächen mit Experten und anderen Studierenden habe ich viel über die europäische Flüchtlingskrise gelernt.“ In ihrer Masterarbeit analysierte sie diese Erkenntnisse. Kim durfte die ostasiatische Zentrenkonferenz in Seoul als Assistentin begleiteten. Ihr Ziel: „Ich hoffe, dass ich mich in Zukunft weiter aktiv für die guten deutsch-koreanischen Beziehungen engagieren kann.“

Christina Pfänder

Der Beitrag ist zuerst im DAAD-Magazin LETTER auf Deutsch und Englisch erschienen.